„Homosexualtität im Jiu Jitsu: Open-Minded oder offen homophob?“ lautet die Überschrift eines vor kurzem auf Jiu Jitsu Legacy veröffentlichten Artikels. Darin stellt Ogi, Autor und selbst BJJ Blackbelt, zu Recht fest, dass die Sexualität von Menschen niemals zu bestimmten (anderen) Behandlungen von diesen führen sollte. Außerdem beschreibt er, dass es nach wie vor viele Gyms gibt, in denen eine latent homophobe Stimmung auf und neben der Matte existiert. Er beschreibt hierbei nicht ein Mal offene Homophobie bzw. -feindlichkeit, wie beispielsweise in rechten Kampfsport-Gyms. Die homophobe Stimmung, die hier beschrieben wird, ist eine vielleicht nicht direkt ersichtliche. Sie entsteht beispielsweise durch (vermeintliche) Witze über das Sexualisieren von Techniken beim BJJ, die dann aber zwischen Männern wieder okay sein sollen, weil „es erst schwul ist, wenn man sich dabei in die Augen schaut“.

Die Frage ist doch, ob die sexuelle Orientierung im Sport überhaupt eine Rolle spielt. BJJ- Techniken mögen zunächst befremdlich wirken, weil man sich in dieser Gesellschaft oft körperlich nur sexualisiert nahe sein kann. Schlussendlich ist es aber einfach ein Kampfsport, dessen Techniken effektiv sind. Dass die so sexualisierten Techniken aber zwischen Männern nur dann annehmbar (weil nicht schwul) sein sollen, wenn man sich dabei nicht in die Augen schaut, zeugt dann schließlich einfach von Homophobie bzw. einer Homofeindlichkeit. Die Angst davor, einerseits selbst homosexuelle Neigungen zu entdecken und dann darüber in der Gesellschaft abgewertet zu werden. Und außerdem das Abwerten von Homosexualität an sich.

Selbst wenn solcherlei versuchte Witze eben nur genau das sein sollen: harmlose Witze. Darüber wird ein Vibe transportiert, der Sexualität überhaupt erst zu einem Thema macht. Als würde es irgendeine Rolle spielen, wer was außerhalb der Matte mag. Und falls das bis hierher noch nicht klar geworden sein sollte: genau das macht es in unseren Augen nicht! Ebenso wenig wie der eigene Beruf, die Herkunft, das Aussehen oder andere schwache Sortierungs-Versuche, die insbesondere Faschisten nicht müde werden zu verwenden.

Alles, was im eingangs erwähnten Artikel steht, sollte klar sein. Dieser Text erscheint uns jedoch notwendig, insbesondere wenn man die Kommentare auf Instagram liest. Dort findet man das Übliche: „Politik runter von der Matte“, „Wer interessiert sich überhaupt für dieses Thema?“, „Es spielt sowieso keine Rolle“. Wenn man weiter scrollt, kann man auch auf offene Homophobie von Trainern stoßen, die Schwulsein als „Abnormität“ bezeichnen. Solche Reaktionen auf einen Artikel, der erklärt, warum Homophobie im Jiu Jitsu angesprochen werden muss, zeigen die Notwendigkeit, sich damit auseinanderzusetzen, erneut auf. Wie kann es sein, dass uns kein einziger offen schwuler BJJ-Profi einfällt? Wie kann es sein, dass sich im europäischen Profifußball nur zwei Sportler als offen schwul outen? Solange Coming-outs eine solche Kraft- und Mutprobe darstellen, gibt es kein Verhältnis, das alle Menschen willkommen heißt, egal ob im Fußball oder bei uns auf der Matte!

Genau dieses Verhältnis wollen wir herstellen. Um wieder zum erwähnten Artikel zurückzukommen, müssen wir uns zunächst überlegen, welche Sprüche wen verletzen. Es geht dabei nicht darum, keinen Spaß zu haben, oder im Gegenteil, auch Witze über einander zu machen. Aber das geht viel weniger verletzend, viel besser ohne Homophobie oder auch Sexismus zu reproduzieren. Wer hier Inspiration braucht, wie wäre es mit einem Spruch über den sonst so verehrten Blackbelt? Wie wäre es mit einem Witz darüber, dass die Purple Belt schon wieder das Warmup überspringt? Oder darüber, dass dein:e Lieblings-Trainingspartner:in dich zum 100. Mal mit dem gleichen Fußhebel erwischt hat? Es ist auch lustig, wenn der übermotivierte White Belt schon wieder nach dem Berimbolo aus der Mount fragt.

Wir wollen euren Humor und eurer Fantasie keine Grenzen setzen, außer einer: Witze über diskriminierende Verhältnisse sind in der Regel nur dann witzig, wenn sie diese angreifen und nicht die Personen, die davon negativ betroffen sind!

Für eine Matte für alle! Homophobie eine Klatsche verpassen!

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